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Ruheenergiebedarf berechnen: Der präzise Guide für die Fütterung

Vergessen Sie ungenaue Tabellen auf Futtertüten. Lernen Sie, wie Sie den Ruheenergiebedarf (RER) berechnen, um Übergewicht zu vermeiden und die Gesundheit Ihres Tieres zu fördern.

Kylosi Editorial Team

Kylosi Editorial Team

Pet Care & Animal Wellness

26. Dez. 2025
5 Min. Lesezeit
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Ein gelber Labrador Retriever sitzt geduldig neben einem silbernen Napf in einer modernen Küche.

Haben Sie sich jemals gefragt, warum die Fütterungsempfehlungen auf der Rückseite der Futtertüte oft so vage sind? In Deutschland leiden laut Schätzungen von Tierärzten fast 50 % aller Hunde und Katzen an Übergewicht. Der Hauptgrund: Wir verlassen uns auf pauschale Schätzungen statt auf individuelle Bedürfnisse. Wenn Sie den Ruheenergiebedarf berechnen (Resting Energy Requirement, kurz RER), legen Sie das Fundament für ein langes, gesundes Tierleben. Dieser Wert gibt an, wie viele Kalorien Ihr Haustier im absoluten Ruhezustand benötigt, um lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Verdauung aufrechtzuerhalten. In diesem Artikel führen wir Sie durch die veterinärmedizinische Mathematik, damit Sie die Kontrolle über den Napf übernehmen können, anstatt blind den Angaben von Herstellern bei Fressnapf oder im Supermarkt zu vertrauen.

Die Grenzen der Standard-Fütterungsempfehlungen

Die Tabellen auf Futterverpackungen bei REWE, EDEKA oder im Fachhandel basieren auf Durchschnittswerten. Diese Schätzungen berücksichtigen jedoch selten die individuellen Unterschiede im Stoffwechsel, das Alter oder den Kastrationsstatus Ihres Tieres. Ein kastrierter Mops, der gemütlich in einer Berliner Wohnung lebt, hat einen völlig anderen Energiebedarf als ein gleich schwerer, unkastrierter Jack Russell Terrier, der täglich Kilometer im Park zurücklegt.

Pauschalwerte führen oft dazu, dass Besitzer ihre Tiere unbewusst überfüttern. Die Industrie neigt dazu, die Portionen eher großzügig zu bemessen, um sicherzustellen, dass auch das aktivste Tier ausreichend versorgt ist. Für das Durchschnittstier bedeutet dies jedoch einen schleichenden Kalorienüberschuss. Werden die Angaben auf der Packung nicht kritisch hinterfragt, sammelt sich über die Jahre gefährliches Viszeralfett an, das die Gelenke belastet und das Risiko für Diabetes mellitus deutlich erhöht. Erst durch die Berechnung des RER erhalten Sie einen objektiven Ausgangspunkt für eine bedarfsgerechte Ernährung.

Golden Retriever Hund sitzt und beobachtet eine Person, die auf eine Flussdiagramm-Grafik auf einer beigen Stofftasche in einem sonnigen Raum zeigt.

Die RER-Formel: So berechnen Sie die Basis-Kalorien

Der Ruheenergiebedarf (RER) ist die wissenschaftliche Basis für jede Ernährungsplanung. Die moderne Veterinärmedizin nutzt hierfür eine spezifische exponentielle Formel, die genauer ist als die alte lineare Methode. Die Formel lautet: RER = 70 × (Körpergewicht in kg)^0,75. Für Tiere zwischen 2 kg und 20 kg nutzen manche Tierärzte auch die vereinfachte Formel (30 × kg) + 70, doch die exponentielle Variante bleibt der Goldstandard für alle Gewichtsklassen.

Um dies zu berechnen, benötigen Sie lediglich das aktuelle Idealgewicht Ihres Tieres und einen Taschenrechner mit Potenzfunktion. Wenn Ihr Hund beispielsweise 10 kg wiegt, rechnen Sie 10 hoch 0,75 (was etwa 5,62 ergibt) und multiplizieren dies mit 70. Das Ergebnis sind ca. 394 Kalorien pro Tag. Dies ist die absolute Grundmenge, die der Körper benötigt, um die Organfunktionen im Schlaf aufrechtzuerhalten. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies noch nicht die endgültige Futtermenge ist, sondern lediglich das mathematische Gerüst, auf dem wir die restliche Planung aufbauen.

Flauschiger weißer Welpe sitzt an einem Holzschreibtisch neben einem Notizbuch und Taschenrechner in einem hellen Homeoffice.

Vom RER zum MER: Den Lebensstil berücksichtigen

Nachdem Sie den RER ermittelt haben, müssen wir den Erhaltungsstoffwechsel (Maintenance Energy Requirement, MER) bestimmen. Hier kommen die individuellen Lebensumstände ins Spiel. Der RER wird mit einem Faktor multipliziert, der den Aktivitätsgrad, das Alter und den hormonellen Status widerspiegelt. Ein typischer Faktor für einen kastrierten, erwachsenen Hund liegt bei 1,6. Ein intakter, aktiver Hund benötigt oft den Faktor 1,8 bis 2,0.

Bei Katzen sind die Faktoren meist niedriger, da sie effizientere Energiesparer sind. Eine kastrierte Wohnungskatze benötigt oft nur das 1,2-fache ihres RER. Wenn Sie diese Anpassung vornehmen, erhalten Sie die tatsächliche tägliche Kalorienmenge. Diese Präzision ist entscheidend, denn schon eine Abweichung von 10 % nach oben kann bei einer Katze über ein Jahr hinweg zu einer Gewichtszunahme von mehreren hundert Gramm führen – was bei einem 4-kg-Tier bereits einen signifikanten Prozentsatz des Körpergewichts ausmacht. Berücksichtigen Sie hierbei auch Leckerlis: Diese sollten maximal 10 % der täglichen Gesamtkalorien ausmachen.

Ein Golden Retriever rennt bei Sonnenuntergang über eine Wiese, daneben eine schwarze Katze, die sich in einem Sonnenstrahl auf einem Innenboden entspannt.

Troubleshooting: Wenn die Theorie nicht zur Waage passt

Mathematik ist eine exzellente Richtlinie, aber jedes Tier ist ein Individuum. Wenn Sie den Bedarf korrekt berechnet haben, Ihr Tier aber dennoch zunimmt oder nicht abnimmt, gibt es mehrere Fehlerquellen. Die häufigste Ursache in deutschen Haushalten sind versteckte Kalorien. Das Stück Käse beim Abendbrot oder die Kauartikel von DM oder Rossmann haben oft eine enorme Kaloriendichte, die im MER-Plan nicht berücksichtigt wurde. Ein kleiner Kauknochen kann bereits 15-20 % des Tagesbedarfs eines kleinen Hundes decken.

Ein weiterer Faktor kann ein verlangsamter Stoffwechsel durch medizinische Probleme sein. Schilddrüsenunterfunktionen (Hypothyreose) beim Hund oder Cushing-Syndrom können die Gewichtsabnahme sabotieren. Sollte Ihr Tier trotz strikter Einhaltung der berechneten Mengen zunehmen, ist ein Besuch beim Tierarzt obligatorisch. Prüfen Sie zudem die Wiegegenauigkeit: Nutzen Sie für das Futter eine digitale Küchenwaage statt eines ungenauen Messbechers. Messbecher können je nach Körnung des Futters bis zu 20 % Varianz aufweisen, was die gesamte Berechnung zunichtemacht.

Eine Person verwendet eine digitale Küchenwaage, um Hundetrockenfutter in einer weißen Schüssel abzuwiegen, während ein Golden Retriever im Hintergrund geduldig wartet.

FAQ

Kann ich die Formel auch für Welpen im Wachstum verwenden?

Welpen haben einen deutlich höheren Energiebedarf als erwachsene Tiere. Während die RER-Basisformel gleich bleibt, wird sie bei Welpen oft mit Faktoren von 2,0 bis 3,0 (je nach Wachstumsphase) multipliziert. Es ist ratsam, hierfür eine spezielle Wachstumskurve vom Tierarzt erstellen zu lassen.

Was mache ich, wenn mein Tier bereits stark übergewichtig ist?

Bei Übergewicht sollte der RER nicht basierend auf dem aktuellen Gewicht, sondern auf dem Zielgewicht (Idealgewicht) berechnet werden. Die Kalorienreduktion sollte jedoch schrittweise erfolgen, um den Stoffwechsel nicht zu schädigen und ein Sättigungsgefühl zu erhalten.

Gilt die Formel 70 x (kg)^0,75 auch für Katzen?

Ja, diese Formel ist die wissenschaftliche Basis für Hunde und Katzen gleichermaßen. Der entscheidende Unterschied liegt im anschließenden Multiplikator für den MER, der bei Katzen aufgrund ihres geringeren Energieumsatzes pro kg Körpergewicht meist niedriger ausfällt.

Tierarzt in blauem Kittel streichelt sanft eine hellbraune englische Bulldogge während einer medizinischen Untersuchung in einer hellen Klinik.

Fazit

Die Berechnung des Ruheenergiebedarfs ist weit mehr als eine mathematische Spielerei – sie ist ein Werkzeug für aktiven Tierschutz im eigenen Zuhause. Indem Sie den RER als Ausgangspunkt nutzen und ihn individuell an den Lebensstil Ihres Tieres anpassen, entkommen Sie der Falle der unpräzisen Standardfütterung. Denken Sie daran, dass sich der Energiebedarf im Laufe eines Lebens ändert; regelmäßiges Wiegen und Anpassen der Faktoren ist daher unerlässlich. Sollten Sie Unsicherheiten bei der Berechnung haben oder leidet Ihr Tier unter Vorerkrankungen, konsultieren Sie bitte einen spezialisierten Tierernährungsberater oder Ihren Tierarzt. Eine präzise Fütterung ist die beste Medizin für ein langes und vitales Leben an Ihrer Seite.

Ein ausgewachsener Golden Retriever und ein kleiner schwarzer Welpe sitzen gemeinsam auf einer Holzterrasse bei Sonnenuntergang.