Als verantwortungsbewusster Tierhalter möchten Sie, dass Ihr Liebling ein langes und beschwerdefreies Leben führt. Doch oft zeigen Tiere Schmerzen oder Unwohlsein erst, wenn eine Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Ein regelmäßiger, systematischer Gesundheitscheck für Haustiere in den eigenen vier Wänden ist daher das effektivste Werkzeug zur Früherkennung. Indem Sie eine Routine für die „Nase-bis-Schwanz-Untersuchung“ etablieren, lernen Sie den Normalzustand Ihres Tieres so genau kennen, dass Ihnen kleinste Abweichungen sofort auffallen. In dieser umfassenden Anleitung zeigen wir Ihnen, wie Sie Augen, Ohren, Schleimhäute, Lymphknoten und den Bauchraum Ihres Tieres sicher und fachgerecht abtasten, um die bestmögliche Prävention zu gewährleisten.
Der Kopf: Augen, Ohren und die Kapillarfüllzeit
Die Untersuchung beginnt immer am Kopf. Prüfen Sie zunächst die Augen: Diese sollten klar, glänzend und frei von übermäßigem Ausfluss sein. Rötungen der Bindehäute können auf Entzündungen oder Allergien hindeuten. Ein besonderes Augenmerk gilt den Ohren. Riechen Sie vorsichtig an ihnen; ein gesunder Gehörgang ist nahezu geruchlos. Ein süßlicher oder ranziger Geruch sowie bräunliches Sekret sind oft Anzeichen für einen Milbenbefall oder eine bakterielle Infektion, die beim Tierarzt abgeklärt werden muss.
Ein entscheidender Teil der Inspektion ist die Kontrolle der Mundschleimhaut. Heben Sie die Lefzen an und betrachten Sie das Zahnfleisch. Es sollte blassrosa und feucht sein. Hier führen Sie den Test der Kapillarfüllzeit (KFZ) durch: Drücken Sie mit dem Finger kurz auf das Zahnfleisch, bis die Stelle weiß wird. Nach dem Loslassen sollte die rosa Farbe in weniger als zwei Sekunden zurückkehren. Dauert dies länger, kann das auf Kreislaufprobleme oder Dehydrierung hinweisen. Achten Sie dabei auch auf Zahnstein oder Entzündungen am Zahnfleischsaum, die oft mit Mundgeruch einhergehen.

Lymphknoten und Vitalzeichen sicher tasten
Das Abtasten der Lymphknoten erfordert etwas Übung, ist aber für die Früherkennung von Entzündungen oder Tumoren unerlässlich. Die am leichtesten zugänglichen Lymphknoten befinden sich unter dem Kieferwinkel (Mandibularlymphknoten) und in der Kniekehle der Hinterbeine (Popliteallymphknoten). Im Normalzustand sind sie bei kleinen Tieren kaum spürbar oder etwa so groß wie eine kleine Bohne und gut verschieblich. Fühlen sie sich prall, vergrößert oder schmerzhaft an, ist dies ein deutliches Warnsignal.
Parallel dazu sollten Sie lernen, den Puls und die Atemfrequenz zu messen. Den Puls finden Sie am besten an der Oberschenkelinnenseite, dort wo die Arterie über den Knochen verläuft. Zählen Sie die Schläge für 15 Sekunden und multiplizieren Sie das Ergebnis mit vier. Bei einem ruhenden Hund liegt der Normalwert je nach Größe zwischen 70 und 120 Schlägen pro Minute. Die Atemfrequenz beobachten Sie am besten im Schlaf, indem Sie die Bewegungen des Brustkorbs zählen. Eine Atemfrequenz von über 30 Zügen pro Minute im absoluten Ruhezustand sollte beobachtet und gegebenenfalls medizinisch abgeklärt werden.

Die Palpation von Abdomen und Brustkorb
Der Bauchraum (Abdomen) beherbergt die meisten lebenswichtigen Organe. Bei der Palpation gehen Sie äußerst behutsam vor. Legen Sie beide Hände flach an die Seiten des Tieres, direkt hinter den Rippenbogen, und drücken Sie ganz sanft nach innen und oben. Bei einem gesunden Tier sollte die Bauchwand weich und entspannt sein. Eine „Abwehrspannung“, bei der das Tier die Muskeln stark anspannt oder versucht auszuweichen, deutet auf Schmerzen hin. Fühlen Sie nach ungewöhnlichen Verhärtungen oder einer übermäßigen Aufgasung.
Führen Sie Ihre Hände dann weiter zum Brustkorb. Hier können Sie die Rippen tasten. Bei Idealgewicht sollten die Rippen nicht sichtbar, aber ohne Druck unter einer dünnen Fettschicht fühlbar sein. Dies ist auch der ideale Zeitpunkt, um die Hautelastizität zu prüfen (der sogenannte Hautfaltentest). Ziehen Sie eine Hautfalte im Nacken sanft nach oben und lassen Sie los. Sie sollte sofort wieder verstreichen. Bleibt die Falte stehen, ist das Tier dehydriert. In diesem Fall sollten Sie sicherstellen, dass Ihr Tier ausreichend trinkt, oder bei OBI oder einem Fachmarkt einen Trinkbrunnen erwerben, um die Wasseraufnahme zu fördern.

Haut, Fell und Bewegungsapparat im Fokus
Schließen Sie den Gesundheitscheck für Haustiere mit einer Inspektion des Fells und der Gliedmaßen ab. Streichen Sie gegen den Strich durch das Haar, um nach Flöhen, Zecken oder Hautveränderungen wie Rötungen und Schuppen zu suchen. Nutzen Sie hierfür idealerweise einen Flohkamm, den Sie bei Drogeriemärkten wie DM oder in Tierfachgeschäften erhalten. Achten Sie besonders auf kleine schwarze Krümel im Kamm; färben sich diese auf einem feuchten Küchentuch rot, handelt es sich um Flohkot.
Untersuchen Sie danach jede Pfote einzeln. Kontrollieren Sie die Zwischenzehenbereiche auf Fremdkörper wie Grannen oder kleine Steinchen und prüfen Sie die Krallenlänge. Die Ballen sollten elastisch und nicht rissig sein. Bei spröden Ballen kann eine spezielle Pfotenpflege Abhilfe schaffen. Bewegen Sie zum Abschluss vorsichtig die Gelenke der Beine durch. Achten Sie auf Knirschgeräusche oder einen eingeschränkten Bewegungsumfang, was besonders bei älteren Tieren auf Arthrose hindeuten kann. Wenn Ihr Tier bei einer bestimmten Bewegung zurückweicht, notieren Sie dies für den nächsten Besuch in der Tierarztpraxis.

Fehlerbehebung: Wenn die Untersuchung schwierig wird
Nicht jedes Tier genießt die körperliche Untersuchung sofort. Wenn Ihr Hund oder Ihre Katze unruhig wird, knurrt oder versucht zu flüchten, brechen Sie den Check ab. Zwang führt nur dazu, dass das Tier die Prozedur negativ verknüpft. Arbeiten Sie stattdessen mit dem sogenannten „Medical Training“. Belohnen Sie bereits das Stillhalten, wenn Sie nur eine Pfote berühren oder die Lefze anheben. Hochwertige Leckerlies von EDEKA oder REWE können hier Wunder wirken, um die Kooperation zu fördern.
Ein häufiger Fehler ist das zu feste Drücken bei der Bauchpalpation. Gehen Sie immer so sanft vor, als würden Sie eine reife Tomate prüfen. Sollten Sie tatsächlich eine Auffälligkeit finden – etwa einen Knubbel oder eine schmerzhafte Stelle –, markieren Sie die Stelle geistig genau oder machen Sie ein Foto für den Tierarzt. Versuchen Sie nicht, die Stelle massiv zu massieren oder gar auszudrücken, da dies Entzündungen verschlimmern könnte. Ein strukturierter Gesundheitscheck sollte etwa 10 bis 15 Minuten dauern und idealerweise immer zur gleichen Zeit, etwa sonntagabends, stattfinden.

FAQ
Wie oft sollte ich den Gesundheitscheck für Haustiere durchführen?
Es wird empfohlen, diesen Check einmal pro Woche durchzuführen. Durch die Regelmäßigkeit gewöhnt sich Ihr Tier an die Berührungen, und Sie entwickeln ein feines Gespür für normale anatomische Gegebenheiten und kleinste Veränderungen.
Was soll ich tun, wenn ich einen kleinen Knubbel unter der Haut finde?
Bewahren Sie Ruhe, aber vereinbaren Sie zeitnah einen Termin beim Tierarzt. Nicht jeder Knubbel ist bösartig (viele sind harmlose Lipome), aber nur eine fachmedizinische Untersuchung durch eine Biopsie oder Feinnadelaspiration kann Gewissheit bringen.
Ersetzt der Heim-Check den jährlichen Besuch beim Tierarzt?
Nein, der Heim-Check ist eine Ergänzung zur professionellen Vorsorge. Der Tierarzt verfügt über diagnostische Mittel wie Blutuntersuchungen, Ultraschall und Röntgen, die versteckte Krankheiten aufdecken können, die man von außen nicht fühlen kann.
Fazit
Ein systematischer Gesundheitscheck für Haustiere ist ein Akt der Fürsorge, der weit über die tägliche Fütterung hinausgeht. Indem Sie lernen, die Vitalwerte Ihres Tieres zu interpretieren und Veränderungen an Haut, Lymphknoten und Bauchraum frühzeitig zu erkennen, schenken Sie Ihrem Begleiter die Chance auf eine schnellere und effektivere Behandlung im Krankheitsfall. Beginnen Sie heute damit, diese Routine spielerisch aufzubauen. Sollten Sie jemals unsicher sein oder akute Schmerzreaktionen feststellen, zögern Sie nicht, eine professionelle Tierklinik aufzusuchen. Ihre Aufmerksamkeit ist der beste Schutz für die Gesundheit Ihres Tieres. Dokumentieren Sie Ihre Befunde idealerweise in einem kleinen Gesundheitstagebuch, um langfristige Trends zu beobachten.
Quellen & Referenzen
Dieser Artikel wurde unter Verwendung der folgenden Quellen recherchiert:

