Viele Tierbesitzer in Österreich achten beim Kauf von Hundefutter auf ein entscheidendes Merkmal: Fleisch an erster Stelle der Zutatenliste. Es gilt als goldenes Qualitätsversprechen. Doch was, wenn diese Angabe eine geschickte Marketing-Illusion ist? Das sogenannte Zutaten-Splitting ist eine weit verbreitete Praxis in der Futtermittelindustrie, um minderwertige Füllstoffe zu tarnen. Dabei werden Getreide oder Hülsenfrüchte in so viele Unterkategorien aufgeteilt, dass das Fleisch optisch an die Spitze der Liste rückt. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie diesen Trick bei Ihrem nächsten Einkauf bei Fressnapf oder im Fachhandel entlarven und was wirklich im Napf Ihres Lieblings landet.
Was ist Zutaten-Splitting? Die Anatomie eines Etiketten-Tricks
Zutaten-Splitting ist eine legale, aber irreführende Methode, um die Reihenfolge der Inhaltsstoffe auf der Verpackung zu manipulieren. Laut EU-Recht müssen Zutaten nach ihrem Gewichtsanteil in absteigender Reihenfolge aufgelistet werden. Wenn ein Futter beispielsweise zu 40 % aus Mais besteht, müsste dieser an erster Stelle stehen. Durch Splitting wird der Mais jedoch in „Maisfuttermehl“, „Maiskleber“ und „ganzen Mais“ unterteilt.
Da jede dieser Unterkategorien nun nur noch etwa 13 % ausmacht, kann ein Fleischanteil von nur 20 % plötzlich ganz oben auf der Liste erscheinen. Für den Käufer sieht es so aus, als ob das Futter primär aus Fleisch besteht, während es in Wahrheit eine Getreidebombe ist. In Österreich finden wir diesen Trick oft bei konventionellen Supermarktmarken, aber auch bei teureren „Premium-Produkten“. Es ist essenziell, die Liste als Ganzes zu betrachten, anstatt nur die erste Position zu fixieren. Achten Sie auf Gruppen von ähnlichen Begriffen wie Erbsen, Erbsenprotein und Erbsenstärke, die oft direkt hintereinander auftauchen.

Die Wasserfalle: Frischfleisch vs. Fleischmehl
Ein weiterer Faktor, der das Versprechen „Fleisch an erster Stelle“ verwässert, ist der Feuchtigkeitsgehalt. Hersteller geben oft „frisches Huhn“ an, da dieses durch seinen hohen Wassergehalt (bis zu 75 %) sehr schwer ist und somit leicht den ersten Platz belegt. Nach dem Extrusionsprozess, bei dem das Futter getrocknet wird, schrumpft dieser Anteil jedoch massiv zusammen.
Im fertigen Trockenfutter bleibt oft nur noch ein Bruchteil des ursprünglichen Gewichts übrig. Wenn an zweiter Stelle dann bereits getrocknete Zutaten wie Maismehl folgen, ist die Chance groß, dass das Getreide im Endprodukt mengenmäßig weit überwiegt. Ein ehrlicherer Ansatz ist die Deklaration von Fleischmehl oder getrocknetem Fleischprotein, da hier die Werte bereits auf die Trockenmasse bezogen sind. In österreichischen Fachgeschäften wie „Das Futterhaus“ findet man zunehmend Marken, die beide Werte – frisch und getrocknet – transparent ausweisen. Vergleichen Sie immer den Proteingehalt in der Analyse mit der Zutatenliste, um ein realistisches Bild zu erhalten.

Die mentale Rekombination – So lesen Sie Etiketten wie ein Profi
Um die Wahrheit hinter dem Marketing zu finden, müssen Sie die Technik der „mentalen Rekombination“ anwenden. Wenn Sie auf einem Etikett mehrere Varianten derselben Pflanze finden, addieren Sie diese gedanklich zusammen. Finden Sie beispielsweise Reis, Reisprotein und Reisstärke? Gruppieren Sie diese als „Gesamt-Reis“. Oft rückt dieser Block dann massiv vor das Fleisch.
Ein weiteres Warnsignal in der EU-Deklaration sind vage Begriffe wie „tierische Nebenerzeugnisse“ ohne genaue Spezifizierung. Hochwertige Hersteller in Österreich setzen auf eine offene Deklaration, bei der genau steht, welches Tier und welche Teile (z.B. Herz, Leber) verwendet wurden. Wenn ein Etikett kryptisch bleibt und viele gesplittete Kohlenhydratquellen aufweist, sollten Sie skeptisch sein. Ein guter Richtwert für ein hochwertiges Futter ist ein Fleischanteil (in der Trockenmasse), der tatsächlich die Summe aller pflanzlichen Bestandteile übersteigt. Rechnen Sie kurz nach: Wenn die ersten fünf Zutaten nach dem Fleisch alle Variationen von Erbse oder Getreide sind, ist das Produkt nicht fleischbasiert.

Troubleshooting: Was tun, wenn das aktuelle Futter durchfällt?
Haben Sie festgestellt, dass Ihr aktuelles Futter primär aus gesplitteten Füllstoffen besteht? Keine Panik. Eine sofortige Futterumstellung kann bei Hunden zu Verdauungsproblemen wie Durchfall oder Blähungen führen. Stellen Sie das Futter schrittweise über einen Zeitraum von 7 bis 10 Tagen um, indem Sie das neue, hochwertigere Futter unter das alte mischen.
Achten Sie bei der Auswahl eines neuen Futters in Österreich auf regionale Produzenten, die oft transparentere Lieferketten bieten. Wenn Ihr Hund Anzeichen von Unverträglichkeiten zeigt – wie häufiges Kratzen, stumpfes Fell oder wechselnde Kotkonsistenz –, ist dies oft ein Zeichen dafür, dass die versteckten Füllstoffe wie Weizenkleber oder Soja das System belasten. Suchen Sie in solchen Fällen Rat bei einem tierärztlichen Ernährungsberater. In Wien und Graz gibt es spezialisierte Praxen, die Rationsberechnungen durchführen, um sicherzustellen, dass Ihr Hund trotz weniger Füllstoffe alle notwendigen Nährstoffe erhält. Ein hoher Preis ist leider nicht immer ein Garant für Abwesenheit von Splitting; nur der prüfende Blick auf die Rückseite der Packung zählt.

FAQ
Ist Fleischmehl schlechter als Frischfleisch?
Nicht unbedingt. Fleischmehl ist konzentriertes Protein, dem das Wasser entzogen wurde. Es ist oft eine ehrlichere Angabe auf dem Etikett, da sich sein Platz in der Zutatenliste nach der Trocknung nicht mehr verändert.
Warum verwenden Hersteller überhaupt Zutaten-Splitting?
Es dient primär dazu, das Produkt hochwertiger erscheinen zu lassen. Da Konsumenten bevorzugt Futter mit 'Fleisch an erster Stelle' kaufen, nutzen Hersteller diesen legalen Trick, um günstigere Füllstoffe wie Mais oder Erbsen weiter hinten in der Liste zu verstecken.
Was sind typische Begriffe für gesplittete Zutaten?
Häufige Beispiele sind: Mais, Maisfuttermehl, Maiskleber; oder Weizen, Weizenmehl, Weizenfuttermehl; sowie Erbsen, Erbsenprotein, Erbsenstärke und Erbsenfaser.
Gilt dieser Trick auch für Katzenfutter?
Ja, beim Katzenfutter wird dieser Trick genauso angewendet. Da Katzen obligate Fleischfresser sind, ist das Splitting hier oft noch kritischer zu bewerten, da der Kohlenhydratanteil so gering wie möglich sein sollte.
Fazit
Die Deklaration „Fleisch an erster Stelle“ ist ein mächtiges Marketinginstrument, das oft über den tatsächlichen Nährwert eines Futters hinwegtäuscht. Durch das Verständnis von Zutaten-Splitting und der Differenzierung zwischen Frischfleisch und Trockenmasse werden Sie vom passiven Käufer zum informierten Experten. Nehmen Sie sich die Zeit, die Etiketten im Geschäft genau zu studieren und suchen Sie nach Transparenz statt wohlklingender Werbeslogans. Wenn Sie unsicher sind, ist die Rücksprache mit einem Experten für Tierernährung in Österreich immer der sicherste Weg. Ein hochwertiges Futter ist die Basis für ein langes, gesundes Hundeleben – und die Wahrheit darüber steht (kleingedruckt) auf der Rückseite.
Quellen & Referenzen
Dieser Artikel wurde unter Verwendung der folgenden Quellen recherchiert:

